AllgemeinWas ist ein Overload / Meltdown / Shutdown?

Was ist ein Overload / Meltdown / Shutdown?

Was ist ein Overload / Meltdown / Shutdown?

Overload

Beim Overload (= Überladung, Reizüberflutung) staut sich ein Reiz an den anderen, das vorbeifahrende Auto, die summende Biene, das Gespräch nebenan, das Radio – alles kumuliert sich so lange bis es wie ein lautes undurchdringliches, ungefiltertes Getöse auf die Kinder einwirkt. 

Es können auch Gefühle sein, die sich anstauen, oder zu viele zu schnell nacheinander gestellte Fragen, die an den Asperger herangetragen werden.

Viele reagieren darauf mit Unruhe, Rückzug oder Ohren zuhalten.

Manche Asperger haben gelernt, sich selbst zu stimulieren, um sich vor dem Overload zu schützen, bzw. aus diesem wieder herauszukommen: wie zum Beispiel durch monotones Singen, das Aufsagen von Reimen, Drehen von Gegenständen, mit Kopfhörer Musik hören usw. Manchmal kann es helfen diese Stimulation von aussen zu unterstützen, indem man Hände, Beine oder Arme massiert oder einen warmen Waschlappen auf die Stirn legt oder eiskaltes Wasser zum trinken anbietet.

Es ist aber individuell sehr unterschiedlich, ob das Kind dies in dem Moment zulassen möchte und kann, daher vorsichtig ausprobieren oder einmal in einer ruhigen Minuten mit dem Kind besprechen, was ihm evtl. helfen könnte.

Meltdown

Die Folge eines Overloads ohne Rückzugsmöglichkeit kann der sogenannte Meltdown (= „Kernschmelze“, sieht von außen aus wie ein Wutausbruch) sein. 

Die Betroffenen schreien laut, werfen Gegenstände und haben keine Kontrolle mehr über ihr Verhalten. 

Manche verletzen sich selbst, schlagen mit dem Kopf an die Wand oder beissen sich, um alle anderen Reize, die sie nicht beeinflussen können, zu überdecken.

 

Allerdings kann das Schmerzempfinden herabgesetzt sein, so dass Verletzungen in dem Moment nicht bemerkt werden. Es ist ein Akt der Verzweiflung, weil alles entgleitet.

Der Begriff „Wutausbruch“ ist von der Aussensicht geprägt worden, es ist in dem Sinne keine Wut, sondern Panik, ohne die Absicht jemanden oder sich selbst zu verletzen.

Die meisten Asperger wollen in dieser Situation nicht angefasst werden, es wäre nur ein weiterer Reiz. 

Man sollte auch nicht anfangen, auf die Kinder einzureden, denn auch das ist ein weiterer Reiz. Gut und wichtig ist es, in der Nähe zu sein, darauf zu achten, dass sich niemand verletzt und abzuwarten.

Shutdown

Wenn kein Rückzug, keine Selbststimulation, kein Entrinnen aus dem Overload möglich ist, kann sich dieser auch zu einem Shutdown (=Abschalten) entwickeln. 

Manche Kinder liegen dann eingerollt in einer Ecke, ziehen eine Decke über den Kopf oder schaukeln mit dem Körper hin und her. Sie sind dann meist eine Zeit lang nicht mehr ansprechbar. Manchmal geht dem Shutdown auch ein Meltdown voraus.

Es ist gut, dann einfach da zu sein, sich ruhig zu verhalten und dafür zu sorgen, dass nicht weitere Reize auf das Kind eindringen. Das Bedürfnis nach Nähe oder auch Distanz kann in dieser Situation sehr unterschiedlich beim Asperger sein und muss unbedingt respektiert werden.

Vorbeugen

Vielleicht kann man mit gewissen Massnahmen solchen kritischen Situationen vorbeugen.

Hier ein paar Tipps die evtl. helfen können:

  • klare Strukturen im Alltag einhalten
  • Unvorhergesehenes versuchen zu vermeiden
  • klare Absprachen treffen und einhalten
  • Rückzugsmöglichkeiten schaffen, in welche sich das Kind während dem Tag zurück ziehen kann
  • genügend Ruhepausen einplanen
  • Freizeitaktivitäten auf ein Minimum reduzieren
  • Reizüberflutung minimieren wie zum Beispiel das Radio nicht den ganzen Tag eingeschaltet lassen, Fenster schliessen, Kopfhörer zur Verfügung stellen
  • sich dem Asperger-Kind gegenüber klar und eindeutig äussern und verhalten, keine Zweideutigkeiten (Ironie).
  • Stereotypien in einer Stresssituation nicht unterbrechen, diese hilft dem Kind für die Selbststimulation.
  • selber ab und zu versuchen hinzuhören, zu riechen und zu fühlen, um evtl. einige Reize, die unnötig sind zu eliminierten.
  • darauf hören, wenn das Kind findet, es ist zu laut oder es riecht unangenehm

Tagebuch für Analyse

Wichtig ist zu wissen, dass solche Situationen noch einige Zeit „nachhängen“. Sie sind anstrengend für die Betroffenen, machen müde und empfindlich für weitere kritische Situationen.

Gut kann es daher sein, im Nachhinein zu analysieren, was eigentlich geschehen ist. Hilfreich ist dabei möglicherweise ein Tagebuch, in dem die kritischen Situationen dokumentiert werden und überlegt wird, was dem Verhalten vorausging, was half und was man in Zukunft evtl. verändern kann, um Eskalationen vorzubeugen.

8 Kommentare

  • Margit Wolf

    In allen Artikeln wird immer von Kindern gesprochen, als würde die Krankheit mit dem Erwachsenwerden aufhören. Es geht aber weiter und gilt alles weiter. Außerdem betrifft das nicht nur Asperger. Auch Menschen mit frühkindlichen Autismus können so weit entwickelt sein, um am Leben teilzuhaben. Und auch sie zeigen solche Symptome.

    • Sandra Bänninger

      Liebe Margit es ist definitiv so, dass das Asperger im Erwachsenenalter nicht aufhört. Je älter man wird, desto besser kann man wahrscheinlich mit allem was das Asperger mit sich bringt umgehen. Klar, es ist nicht bei jedem Aspi so.

      • Different Planet

        Naja. Ich werde in zwei Jahren 50 und krabbel grade erst wieder aus meinem Shut down von gestern Abend hervor… so doll hab ich noch nicht gelernt 🤓🙈

    • Vivien Gestribow

      aber Erwachsene sind auch immernoch Kinder, nur mit mehr Verantwortung.

    • Vivien Gestribow

      Erwachsene sind immernoch Kinder, nur mit mehr Verantwortung.

  • Anders Bernard

    Hallo Sandra, ja, (Lebens)Erfahrung hilft dabei zu kompensieren. Gleichzeitig nimmt aber im mittleren bis fortgeschrittenen Alter auch die individuelle Leistungsfähigkeit ab. Dies kann durch dauerhafte Überforderung (z.B. durch anstrengendes dauerhaftes Kompensieren) sogar noch massiv beschleunigt werden. Sprich die Erfahrung nimmt zu, aber die Energie diese Erfahrung auch umzusetzen ab. Als Ergebnis kann die Fähigkeit zur Kompensation in der Summe für erwachsene Aspies jenseits des prime sogar sehr deutlich abnehmen. Hiervon sind insbesondere diejenigen gefährdet, die besonders erfolgreich gelernt haben, die Probleme der Umwelt mit ihrer Neurodivergenz zu kompensieren. Was erst einmal paradox klingt. Aber jemand der erfolgreich (viel) kompensiert um zu "passen", verwendet hierfür deutlich mehr Energie als jemand bei dem es eh nie für "normales Verhalten" gereicht hat. Das kann dann zu sehr abrupten Problemlagen gerade im mittleren Alter führen, da diese Menschen oft komplett neu lernen müssen ihr nun aus Energiemangel unkompnesierbar massiv auffälligeres Verhalten zu akzepieren. Daher denke ich wie Margit, das es wichtig ist, explizit zu erwähnen, das Neurodivergenz ein lebenslanger Begleiter ist, egal wie gut man es momentan oder mittelfristig kompensieren kann. Mit neuen Lebensanforderungen kann sich das alles nochmal ändern.

  • Rikki P.

    Ich hab da mal ne Frage. Egal wo ich schaue, es wird von Meltdown immer nur in Zusammenhang von ASS oder AD(H)S gesprochen. Ist denn ein Meltdown etwa ein sicheres zeichen für AD(H)S oder ASS? ich Frage, da mein Kind auch häufiger von nem Overload zu Meltdown in einen Shutdown rutscht und teilweise kann man das auch richtig beobachten das es kein simpler Tantrum ist, auch wenn sie erst 2 ist.

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